24. Mai 2023, 18–21 Uhr: Biotremologie trifft Klangkunst

Programm

1819 Uhr: Von trommelnden Insekten, einer unterschätzen Form der Kommunikation und der langsamsten Interpretation des "Hummelflugs" von Nikolai Rimski-Korsakow
Öffentlicher Vortrag mit Dr. Monika Eberhard (Universität Hamburg), Julien Bota (Universität Greifswald) und dem Klangkünstler Ludwig Berger (Zürich)
Seminarraum Botanischer Garten

1921 Uhr: Bumblebee Flight II, Takt #011 – Konzert-Installation für 16 Lautsprecher, Insekten und Orchester
Konzert-Installation des Chuchchepati Orchestras
Ludwig Berger (Tonregie, Feldaufnahmen), Patrick Kessler (Kontrabass) und Julian Sartorius (Schlagzeug)
Freigelände Botanischer Garten

Verborgene Kommunikationswege und faszinierende Klangwelten

Trommelnde Ameisen

Würde man ein Orchester mit tierischen Musikern besetzen, läge die erste Wahl wohl im seltensten Fall bei Ameisen, Wanzen oder Hummeln. Ihnen allen ist aber gemein, dass sie auf vielfältigste Weise faszinierende und bisweilen äußerst rhythmische Vibrationen produzieren, mittels derer sie kommunizieren. Dieser den Menschen und der Wissenschaft lange verborgen gebliebene Kommunikationsweg erweist sich heutzutage als eine der wichtigsten Kommunikationsformen im Tier-, aber auch Pflanzenreich. Wissenschaftler:innen der Universität Greifswald gingen diesem neuen Forschungszweig, der sogenannten Biotremologie, in einem Vortrag auf den Grund.

Im Rahmen einer einzigartigen Konzert-Installation des Klangkünstlers Ludwig Berger mit dem Chuchchepati Orchestra wurden im Arboretum des Botanischen Gartens ausgewählte Vibrationssignale erlebbar gemacht. Wissenschaftliche Feld- und Laboraufnahmen von Insekten, die über Schall und Vibration kommunizieren, wurden mit den Instrumentalklängen des Orchesters verwoben. Es entstanden klangliche Muster, Strukturen und Flächen, die sich gegenseitig ergänzen und befruchten. Das ungewöhnliche Setting des Botanischen Gartens machte dabei die vereinte Klangwelt von Insekt und Mensch, die Verknüpfung von Naturwissenschaft und Musik, spürbar.

Podcast zur Veranstaltung "Wenn Insekten und Menschen gemeinsam musizieren" von Ramon Gerwien auf NDR Kultur

Über das Chuchchepati Orchestra

Das Chuchchepati Orchestra des Appenzeller Kontrabassisten, Experimentalmusikers und Klangkunstvermittlers Patrick Kessler tritt in wechselnder Besetzung mit verschiedenen Experimental- und Jazz-Musiker:innen auf. Der Soundtrack wird bei Auftritten im Kollektiv entwickelt, wobei bis zu 32 große Lautsprecher aus Nepal als vielstimmige Konzert-Installation Teil des künstlerischen Geschehens sind.

Der Weltrekord bei der Interpretation des lautmalerischen Instrumentalstücks «Hummelflug» des russischen Komponisten Nikolai Rimski-Korsakow liegt bei 53.82 Sekunden – das sind 13 Noten pro Sekunde! Mit der Konzert-Installation «Bumblebee Flight II» stellt das Chuchchepati Orchestra diesem Trend zur Beschleunigung die langsamste Interpretation entgegen. Angelegt als Serie wird pro Konzert jeweils nur ein Takt der Komposition interpretiert, im Botanischen Garten Rostock war es Takt Nr. 11. Wissenschaftliche Feld- und Laboraufnahmen von Insekten, die über Schall und Vibration kommunizieren, werden mit den Instrumentalklängen des Orchesters verwoben. Neben Ludwig Berger und Patrick Kessler ist Julian Sartorius, versierter Schlagzeuger und musikalischer Begleiter von Größen wie Sophie Hunger, Kae Tempest oder Matthew Herbert, Teil des „Hummelflug“-Projekts.

Über die Dozent:innen

Ludwig Berger ist ein in Zürich lebender Klangkünstler und Komponist. In seinen Installationen und Performances setzt er sich mit mehr-als-menschlichen Welten wie Bienenstöcken, Gletschern, Wasserinfrastrukturen und Bäumen auseinander. In seiner musikalischen Arbeit erzeugt er durch digitale Synthese einzigartige klangliche Öko-Fiktionen. Er hat verschiedene Alben mit Feldaufnahmen und elektroakustischer Musik veröffentlicht und komponiert für Film, Theater und Radio. Er ist Kurator des Tape-Labels Vertical Music und unterrichtet am Institut für Landschaftsarchitektur der ETH Zürich, wo er die klangliche Dimension japanischer Gärten, alpiner Gletscher und urbaner Landschaften untersucht.

Dr. Monika Eberhard ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Zell- und Systembiologie der Tiere der Universität Hamburg, wo sie unter anderem die vibrationsgebundene Kommunikation von Spinnen, Fersenläufern und Ameisen erforscht. In den letzten Jahren hat sie gemeinsam mit ihren Kollegen Julien Bota und Dr. Michael Schöner die Kommunikationssysteme bisher kaum erforschter Ameisenarten auf Borneo untersucht, die für ihr faszinierendes Trommelverhalten bekannt sind. Bisher einzigartige Aufnahmen dieses Verhaltens, die im Regenwald mit einem speziellen Laser-Vibrometer angefertigt wurden, sind als Teil der Konzert-Installation erlebbar.

Nepalesische Lautsprecher

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