Streuobstwiesen und Savannen als Agroforstsysteme


Agroforstwirtschaft, auch Waldfeldbau genannt, ist eine Form der Landwirtschaft, bei der man ausgewählte Gehölzarten und krautige Arten so kombiniert, dass Feldfrüchte nachhaltig produziert werden und sich Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit regenerieren. Weltweit ist Agroforstwirtschaft vielgestaltig und wird angewendet in Regionen, die so verschieden sind wie Mitteleuropa und Subsahara-Afrika. Sie stellt ein historisches Beispiel dar für Landnutzungssysteme, die keinen Einsatz zusätzlicher Düngemittel und Pestizide erfordern und über integrierte Schädlingskontrolle verfügen. Diese Aspekte sind besonders wichtig in Regionen, in denen kein Zugang zu chemischen Produkten besteht oder die Böden arm sind wie in vielen Bereichen der Tropen.

Agroforstwirte besitzen Kenntnisse von wichtigen Pflanzenvarietäten, um sie für bestimmte Zwecke zu verwenden, und sind deshalb wichtige Quellen lokalen Wissens, das von unschätzbarem Wert ist für Agraringenieure, Biologen und Naturschutzfachleute, die sich der Erhaltung der Biodiversität verpflichten. Da in der Agroforstwirtschaft nicht nur wenige Pflanzensorten, sondern vielmehr Gemeinschaften von Pflanzen genutzt werden, stellt sie eine wichtige Alternative zur konventionellen industriellen Landwirtschaft dar. Die inhärenten nachhaltigen und regenerativen Fähigkeiten der Agroforstwirtschaft haben sich als ein wichtiges Mittel erwiesen, um sowohl dem Rückgang der biologischen Vielfalt als auch den Auswirkungen des Klimawandels entgegen zu wirken.

Nutzen der Agroforstwirtschaft
Zusammen mit Wanderfeldbau werden westafrikanische Savannen durch Feuer, die nur die Feldschicht am Beginn der Trockenzeit erfassen, durchquerbar gehalten, so dass sie nicht wieder bewalden. Die laubwerfenden Gehölze treiben schon auf dem Höhepunkt der Trockenzeit ihr neues Grün. Burkina Faso, Januar 2010
Daraus gingen großflächige Parklandschaften hervor. Burkina Faso, September 2012

Agroforstwirtschaft, d. h. die gezielte Kombination aus Landwirtschaft und Waldbau, ist ein auf der ganzen Welt bekanntes traditionelles Anbauverfahren, das in jüngerer Zeit neue Aufmerksamkeit erlangt hat als potenzielle Altenative zu Verfahren moderner Landwirtschaft. Im Zentrum steht der Gedanke, dass Gehölzarten wie Bäume und Sträucher in wechselseitig nutzbringender Weise koexistieren können mit Feldfrüchten, Gründland und Weidevieh. Aufgrund vielfältiger Wechselwirkungen zwischen Gehölzen, krautigen Arten, mit ihnen verknüpften Pilzen, Bodenorganismen und Gliedertieren sind Agroforstsysteme typischerweise artenreicher, widerstandsfähiger gegen Schadwirkungen der Erosion und Pflanzenkrankheiten, und verfügen über höhere Gehalte an organischem Kohlenstoff im Boden im Vergleich zu rein landwirtschaftlichen Systemen. Die Böden tragen zur Minderung von Klimawandelfolgen bei, indem sie das Lokalklima regulieren und Kohlenstoff fixieren.

Agroforstsysteme sind häufig von soziokulturellem Nutzen, indem sie attraktive und allgemein wertgeschätzte Landschaften erzeugen mit gleichzeitig nachhaltigem wirtschaftlichem Nutzen. Viele einzigartige Landschaften auf der ganzen Welt sind de facto das Ergebnis der Tätigkeit von Agroforstwirten. Großräumiges Abbrennen der Feldschicht und Erhaltung oder Pflanzung ausgewählter Bäume über größere Flächen hat einzigartige Parklandschaften erzeugt, die als Zwischenstadium zwischen Wald und Grünland aufgefasst werden können und auch kulturellen und Erholungszwecken dienen.

Der Nutzen von Agroforstsystemen ist besonders relevant in Bereichen, wo Verfahren moderner industrieller Landwirtschaft nicht zur Verfügung stehen oder schädliche Wirkungen auf die menschliche oder ökologische Gesundheit hervorrufen (z. B. auf flachgründigen Böden in tropischen Gebieten oder in Hanglagen).

Anpassung durch Diversität

Während Agroforstsysteme im Prinzip recht einfach organisiert sind, erfordern sie fundierte Kenntnis der lokalen Gehölz- und Feldfruchtarten und darüber, wie ihr wechelseitiger Nutzen optimiert werden kann. Die Praktiker können über detailliertes Wissen über Hunderte Varietäten lokaler Feldfrüchte verfügen und darüber, wie sie im lokalen ökologischen Zusammenhang am besten eingesetzt werden. Dies steht im schroffen Gegensatz zu modernen landwirtschaftlichen Verfahren, die sich häufig auf wenige Nutzpflanzenvarietäten konzentrieren, die gleichförmig über große Gebiete angebaut werden.

Ohne traditionelle Agroforstwirtschaft verschwinden viele lokale Varietäten der Pflanzenarten, und viele Gebiete unterliegen einem raschen ökologischen Wandel infolge des Verlusts an natürlicher Pflanzenvariabilität, die entscheidend ist für das Anpassen an sich ändernde Umweltbedingungen. An Pflanzenarten reiche Systeme haben sich als unempfindlicher und angepasster an Wirkungen des ökologischen Wandels erwiesen. Hiermit verbunden sind natürliche Mechanismen der Schädlingsregulation durch räuberische oder parasitäre Insekten und Pilze, die in diverser Umwelt ausgepägter sind. Moderne landwirtschaftliche Systeme, die als Hauptanbauarten nur wenige Pflanzenvarietäten einsetzen, können dagegen schnell über keine Feldfrüchte mehr verfügen, die für veränderte Umweltbedingungen geeignet sind – und erhöhten Einsatz an Chemikalien und ökologische Schäden mit sich bringen. Daher stellt Agroforstwirtschaft eine traditionelle und historisch bewährte natürliche Methode dar, vielfältige landwirtschaftliche Systeme zu generieren, die anpassungsfähig und selbstregenerierend sind in puncto Böden, Biodiversität und menschliche Gemeinschaften, die von ihnen abhängen.

Minderung von Wirkungen des Klimawandels durch Agroforstwirtschaft

Das Potenzial für Kohlenstofffixierung durch Agroforstwirtschaft wurde durch den Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen ("Weltklimarat", Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) als wichtige Langzeitstrategie zur Minderung des Klimawandels anerkannt. Durch die gemeinsame Nutzung vieler verschiedener Pflanzenarten ist die Kohlenstofffixierung durch Agroforstsysteme weitaus größer als die durch konventionelle Landwirtschaft. In Agroforstsystemen ist überirdische Kohlenstoffspeicherung bedeutungsvoll aufgrund eines deutlichen Vegetationsaufwuchses, von dem ein wesentlilcher Teil nicht entfernt, sondern wegen der Wechselbeziehungen mit den umgebenden Pflanzen belassen wird. Die Anwesenheit von Bäumen erhöht die Menge gespeicherten Kohlenstoffs über und auch in den Böden. Baumwurzeln dringen tief in den Boden ein, deutlich tiefer als Wurzeln von Feldfrüchten, und vergrößern dabei die Bodenbereiche, in denen sich organisch gebundener Kohlenstoff anreichert. Z. B. speichert die Rotbuche (Fagus sylvatica) angenähert 1,55 mal mehr Kohlenstoff in ihrem Wurzelsystem als in ihren Sprossen. Auch verbleibt mehr in den Wurzeln gespeicherter Kohlenstoff im Boden als sprossbürtiger Kohlenstoff aufgrund seiner physiochemischen Eigenschaften, was für die Langzeitspeicherung von Kohlenstoff  entscheidend ist.

Agroforstwirtschaft besitzt ein bedeutendes Potenzial zur Verringerung von CO2-Emissionen, wenn sie auf Flächen betrieben wird, die degradiert sind oder konventionell intensiv bewirtschaftet werden. Auf landwirtschftlichen Flächen, die aus zuvor etablierten Wäldern hervor gegangen sind, steigert dagegen auch Agroforstwirtschaft die CO2-Emissionen. Die Umwandlung von bewaldetem Land in Agroforstflächen verringert insgesamt nicht die Kohlenstofffreisetzung, kann aber eine bessere Alternative zur konventionellen Landwirtschaft darstellen. Studien haben gezeigt, dass immerhin die Hälfte der Kohlenstoffspeicherkapazität der natürlichen Landvegetation verloren geht, wenn diese in dauerhafte landwirtschaftliche Produktion überführt wird. Daher besitzen Weiden und Ackerland ein bedeutendes Potenzial, als Kohlenstoffsenken zu fungieren, wenn ihre Fähigkeit zur Kohlenstoffspeicherung wieder hergestellt wird durch Baum-basierte Agroforstsyteme.

Das Potenzial der Agroforstwirtschaft zur Minderung von Klimaextremen ist in temperaten wie auch tropischen Klimaten von Bedeutung. In temperaten Zonen kann früheres Acker- und Weideland in Agroforstsysteme umgewandelt werden. Anreize hierfür rühren vom Umwelt- und kulturellen Nutzen der Wiederherstellung traditioneller Landschaften. In tropischen Zonen können wirtschaftliche Anreize allein ausreichen, Agroforstwirtschaft zu betreiben, wo sie ein autarkes Mittel landwirtschaftlicher Produktion darstellt, die den Subsistenzbauern hochgradig nutzbringend ist.

Streuobstwiesen als traditionelles Agroforstsystem
Streuobstwiesen auf dem Südhang des Naturparks Schönbuch, April 2020. Fotos: Dr. Heike Betz

Ein Typ der Agroforstwirtschaft, der neuerlich besondere Aufmerksamkeit erfahren hat, ist die traditionelle europäische Streuobstwiese. Verschiedene Obstwiesentypen finden sich über ganz West-, Mittel- und Osteuropa verbreitet und haben eine lange Geschichte, die mit schönen Landschaften und Obst-, Getreide- und Fleischproduktion verbunden ist. In Deutschland begann die Kultivierung von Obstbäumen nach Zeiten des Unfriedens, die in Europa viele Gemeinwesen verwüstet und mit mangelhafter Nahrungsversorgung zurück gelassen hatten. Friedrich II. (der Große) von Preußen erklärte, "In jedem Dorf soll eine genossenschaftliche, gut ausgestattete Baumschule eingerichtet und von einer Person geleitet werden, die in Handhabung und Pflege von Bäumen geschult und imstande ist, die Dorfbewohner auszubilden. In diesen Baumschulen soll immer ein hinreichender Bestand an Obstbäumen verfügbar sein, so dass, sobald alle Gärten bepflanzt worden sind, die Pflanzungen auf die Straßen in den Dörfern und um diese herum ausgedehnt werden können, und wenn ein Überschuss an Obst erzeugt wird, ist dieser an die Städte zu verkaufen." Die Entwicklung von Obstgärten wurde auch gefördert durch die Verknüpfung von Institutionen wie Ehe und Staatsbürgerschaft mit der Verpflichtung, Obstbäume zu erhalten. In der Folge der Entwicklung im 17. Jahrhundert haben Streuobstwiesen weiter an Bedeutung gewonnen bis zum Erreichen des Höhepunkts in den 1930-er Jahren, worauf sie in einer Periode der Intensivierung der Obstproduktion durch industrielle Anbauverfahren verdrängt wurden.

Die traditionelle deutsche Streuobstwiese ist charakterisiert als Obstgartentyp, in dem die Bäume in ziemlich geringer Dichte (20 bis 100 Bäume pro Hektar) in Wiesen oder Weiden gepflanzt werden zusammen mit einer entwickelten, gewöhnlich krautigen Feldschicht, die eine Reihe unterschiedlicher weiterer Feldfrüchte, Sträucher und Gräser enthalten kann. Die Bäume werden in unterschiedlichen Höhenlagen und Hangausrichtungen gepflanzt und sind häufig nicht nach einem bestimmten Muster angeordnet ("verstreut"). Das Verfahren ist gut geeignet für alle Höhenlagen vom Tiefland bis in mitunter hochmontane Bereiche in etwas geschützten Lagen, aus denen nachts die Kaltluft weiter hangabwärts fließen kann und so keine Frostschäden an den Bäumen verursacht. Aufgrund von Flachgründigkeit und stärkerer Erosion der Böden in den häufigen Hanglagen wurde die umgebende Feldschicht oft als Wiese oder Weide genutzt, so dass Obstwiesen entstanden, die in Teilen noch heute existieren. Während die Obstbäume nicht intensiv gepflegt werden, wird die umgebende Feldschicht gemäß Wiesen- oder Weidenstandards bewirtschaftet, letztere mit verschiedenen Arten nicht-ringelnden Weideviehs. In heutiger Zeit tragen nicht gesammeltes Obst, Laubstreu und die natürliche Vielfalt der Feldschicht zur Verbesserung der Bodenbedingungen und Erhöhung der Artenvielfalt bei.

Die vielfältige Sammlung von Obstbäumen in Obstbaumgärten fördert den Reichtum an Pflanzen und Tieren. Streuobstwiesen sind daher als bedeutender Ort der Pflanzendiversität bekannt mit allein in Deutschland 14.000 Varietäten an Äpfeln und 1.500 Varietäten an Birnen, Kirschen und Walnüssen – davon die weit überwiegende Mehrzahl nur in Obstgärten vorkommend. Zusätzlich fördern sie einen bedeutenden Tierreichtum, indem sie Kleinsäugern, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Gliederfüßern Lebensgrundlagen bieten. Studien haben gezeigt, dass die Biomasse an Gliederfüßern in Streuobstwiesen 2,5 bis 7 mal höher ist als in nahegelegenen Wäldern. Obstgärten bieten mehreren Vogelarten Lebensräume wie dem Neuntöter (Lanius collurio), dem Wendehals (Jynx torquilla) und dem Wiedehopf (Upupa epops), deren Bestände zurückgehend, bedroht oder gefährdet sind. Die große Spannbreite an Standortbedingungen in Streuobstwiesen, bezogen auf verschiedene horizontale Schichten (Boden, Moos, Kräuter und Bäume), Lesesteinhaufen, Hangausrichtungen und Höhen, stellt Organismen zahlreiche Lebensräume bereit. Viele der charakteristischen Varietäten an Obstbäumen, die in Obstgärten vorkommen, sind infolge dieser einzigartigen Bedingungen entstanden.

In neuerer Zeit ist das Interesse an Obstwiesen aufgrund ihrer einzigartigen soziokulturellen, ökologischen und ökonomischen Nutzen gestiegen. Während sie weniger produktiv sind als industrielle Obstplantagen, bieten Obstwiesen eine Menge anderer Vorzüge, die Menschen Anreize für ihre Pflege und Erweiterung verschaffen können. Viele der einzigartigen und weithin bekannten Landschaften in Europa sind im Grunde Obstbaumgärten. Daher stellen sie ein Modell nachhaltiger Landwirtschaft dar, die ein weites Spektrum an wirtschaftlichem, ökologischem und kulturellem Nutzen bietet.

Traditioneller Wanderfeldbau: Agroforstwirtschaft in Westafrika
Letztjähriges Yamsfeld (links) und in Vorbereitung für die diesjährige Kultur befindliche Feldparzelle (rechts) in einer Strauchsavanne in der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire), März 2003
Baumsavanne mit kurzzeitiger Kultur von Yams (Dioscorea sp.), Okra (Gombo, Abelmoschus esculentus) und Mais (Zea mays) in der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire), Juli 2009
Yamsfeld in einem natürlichen Waldrandbereich zur Savanne in der Elfenbeinküste (Côte d'Ivoire), März 2003

Ein anderer Typ der Agroforstwirtschaft ist der Wanderfeldbau, der in vielen Ländern Subsahara-Afrikas über Tausende von Jahren betrieben worden ist – jedoch auch in anderen Teilen der Welt wie Europa. Bäume und Sträucher, die Teil des ursprünglichen Savannen-Trockenwaldes oder Regenwaldes sind und Stickstoff fixieren oder dies anderweitig begünstigen, werden mit mehreren Feldfrüchten und Gräsern kombiniert, die wegen ihrer günstigen Eigenschaften ausgewählt wurden. Dieses Verfahren der Subsistenzwirtschaft ist traditionell eingeteilt in Perioden der Kultivierung und der Brache, wobei die Kultivierung zwischen Feldparzellen verschiedener Brachestadien in einem langen Rotationszyklus wandert. Während der Bracheperiode werden die Felder für mindestens zehn bis zwanzig Jahre unbearbeitet gelassen. Die natürliche Savannen- oder Waldvegetation regeneriert sich und führt zur Regeneration und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und Wiederherstellung der Biodiversität vor Ort. Zu Beginn der Kultivierung werden ausgewählte größere Bäume und Sträucher abgeholzt und das verbleibende Feld abgebrannt, um anhand der Asche die Bodenfruchtbarkeit kurzzeitig zu erhöhen. Die Felder werden über ein bis drei Jahre mit traditionellen westafrikanischen Hauptfeldfrüchten (wie Yams, Süßkartoffel, Maniok, Mais und Hirse) in Mischkultur zwischen den einheimischen Bäumen und Sträuchern bestellt, die auf dem Feld belassen wurden. Durch die dergestaltige gemeinsame Kultur der Pflanzen nutzen Wanderfeldbauern Gemeinschaften von Pflanzen, um die Wuchsbedingungen für ihre Feldfrüchte zu verbessern und auch vom Erntegut zu profitieren, das die ausgewählten Gehölzarten produzieren.

Da die subsaharische Landoberfläche seit mehreren Millionen Jahren grundsätzlich unverändert geblieben ist, besitzt sie typischerweise sehr niedrige Fruchtbarkeit und Wasserhaltefähigkeit. Dennoch ist der Wanderfeldbau nachhaltig geblieben aufgrund der kurzen Kultivierungs- und langen Brachezeiten, ohne Zugabe synthetischer Dünger und Pestizide. Die Felder werden in einem savannenähnlichen Stadium zwischen Trockenwald und Grasland gehalten, so dass sie zahlreiche Lebensräume für eine vielfältige Flora und Fauna begünstigen. Dieses Zwischenstadium erzeugt auch klassische westafrikanische Savannenlandschaften, die häufig für naturgegeben gehalten werden, tatsächlich aber ohne Wanderfeldbau nicht existieren würden. Ohne die Zyklen der Entbuschung und des Brennens würde die natürliche Vegetation letztlich die Oberhand gewinnen und meist in einen Trockenwaldzustand zurückführen. Wenn dagegen die Bäume vollständig entfernt und nur eine geringe Zahl an Feldfrüchten genutzt würden, ginge das Land in Grasland über. Die einzigartige savannenartige Parklandschaft, die von Wanderfeldbauern erzeugt worden ist, besitzt wichtige soziokulturelle Bedeutung. Dicht bewaldete Gebiete können z. B. schwer zu durchdringen sein und keine Großtierjagd zulassen. Die Savannanlandschaften beinhalten jedoch eine Umgebung, die von Menschen und Tieren leicht durchquert werden kann und gleichzeitig der lokalen Bevölkerung wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen bietet.

Aufgrund der beträchtlichen Brachezeiten beim Wanderfeldbau sind erhebliche Flächen erforderlich, um dieses Verfahren aufrecht zu erhalten. Andererseits haben die aufkeimende Bevölkerung in Westafrika und die steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Brennholz zu einem zunehmenden Druck auf die Landwirte geführt, die Produktion zu steigern und damit ihre Landwirtschaft zu intensivieren. Eine kurzfristige Intensivierung kann durch Verkürzung der Brachezeit erreicht werden, was jedoch zu einer nicht nachhaltigen Nutzung der Bodennährstoffe führt. Derzeit sind immerhin 40 % des Ackerlandes in Subsahara-Afrika von der einen oder anderen Form eines historischen Nährstoffmangels betroffen, der die Landwirte veranlasst, sich auf Alternativen zu verlegen, um die landwirtschaftliche Produktivität aufrecht zu erhalten. Diese Aktivitäten können weitaus weniger nachhaltig und weitaus teurer sein, wie die Verwendung synthetischer Düngemittel und Praktiken, bei denen die Böden geschädigt und Bodenerosion potenziell verstärkt werden. Angesichts dieser Alternativen haben viele Wanderfeldbauern ihre Ländereien aufgegeben und sind in die Städte abgewandert. Daher ist in vielen Regionen der Verlust der Wirtschaftlichkeit des Wanderfeldbaus eine Hauptursache für die zunehmende Urbanisierung Afrikas.

Die Behandlung von Fragen der Ernährungssicherheit wurde als eines der wichtigsten Anliegen für den gesamten afrikanischen Kontinent erkannt. Der Verlust des Wanderfeldbaus als tragfähiges landwirtschaftliches Verfahren bedroht den Fortbestand einzigartiger Landschaften, die viele soziokulturelle Nutzen, aber auch die biologische Vielfalt und das wirtschaftliche Wohlergehen vieler afrikanischer Landwirte beinhalten. Lösungen umfassen die Aufklärung der Bevölkerung über die Vorteile des Wanderfeldbaus, die Gewährung zusätzlicher Landrechte für Landwirte – die nachweislich die Chancen erhöhen, dass sie ihr Land nachhaltig bewirtschaften und nicht in neue Gebiete abwandern – und die Drosselung des Bevölkerungswachstums in der Region, um stabilere Bedingungen zu schaffen.

Streuobstwiesen und Wanderfeldwirtschaft im Vergleich

Während es viele Ähnlichkeiten zwischen den meisten Systemen der Agroforstwirtschaft gibt, existieren auch deutliche Unterschiede. Verfahren können verschiedene Maßnahmen für die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit einsetzen, wie zum Beispiel Brachezeiten oder stickstofffixierende Pflanzen (wie Hülsenfrüchte, Bohnen und Klee). Die Kultivierung kann kontinuierlich erfolgen, wie dies in Streuobstwiesen der Fall ist, in denen Obst, Heu und Futter beständig gewonnen werden, oder sie kann verzögert und dann eingeleitet werden, wenn optimale Fruchtbarkeit und Wachstumsbedingungen während der Rotationsfolge der Felder vorliegen, wie es in Savannensystemen der Fall ist.

Der erforderliche Arbeitsaufwand kann zwischen Agroforstsystemen erheblich variieren. Streuobstwiesen erfordern zum Beispiel eine relativ geringe Menge an jährlicher Aufmerksamkeit, wogegen Wanderfeldbau zu Beginn des Anbaus wesentlich mehr Aktivitäten erfordert, jedoch keinerlei Aktivität während der Brachephase.

Agroforstsysteme unterscheiden sich in der Verwendung von Feuer oder anderen Mitteln zur Vorbereitung des Bodens für den Anbau. Feuer wird häufig wegen des geringen Arbeitsaufwands für die Rodung großer Felder zur Vorbereitung des Anbaus eingesetzt. Es kann jedoch auch in Kombination oder gar nicht mit anderen Techniken zur Entfernung unerwünschter Vegetation eingesetzt werden – mit teilweise sehr unterschiedlichen Reaktionen der natürlichen Begleitflora. Unterschiedliche Bodenverhältnisse, Höhen- und Hanglagen können das optimale Agroforstsystem verändern, insbesondere zwischen den Orten der Streuobstwiesen. Daher müssen Landwirte über ein besonderes Wissen verfügen, um diesen unterschiedlichen Standortbedingungen in jedem Einzelfall zu begegnen.

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Text: Toby Weisenhaus, Dr. Dethardt Goetze

Nutzung von Streuobstwiesen und Savannen (linker Bereich) als Agroforstsystem (Grafik: Selina Schwarzer)