Projekt Therapeutisches Gärtnern

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In den Jahren 2013 bis 2016 wurde der Zertifikatskurs Garten & Gesundheit – Gartentherapie in Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten angeboten. Weiterer Partner des Angebots ist die Fachschule für Agrarwirtschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern "Johann Heinrich von Thünen". Der Zertifikatskurs wurde im Rahmen des Projekts KOSMOS an der Universität Rostock entwickelt und erstreckt sich über einen Zeitraum von vier Semestern. Die Weiterbildungsinhalte wurden in einer Kombination aus Präsenz-, Selbstlern- und Onlinephasen vermittelt. Das Curriculum wurde von Hochschullehrenden und Expertinnen und Experten aus der Praxis entwickelt. Derzeit kann der Kurs ausschließlich im kostenfreien Offenen Onlinekurses Gartentherapie als Fernstudiengang belegt werden. Gleichzeitig entwickelt die Praxis für Gartentherapie Thomas Henschel mit dem Botanischen Garten ein Therapiekonzept, das gezielt die Positivwirkungen gärtnerischer Tätigkeiten für Körper, Geist und Seele einsetzt.

Gartentherapie bezeichnet die bewusste Beteiligung von Patienten und Klienten an gärtnerischen Tätigkeiten. Davon erwartete Wirkungen, wie Stimulierung von Körperfunktionen und Verbesserung der Konzentrations- und Kommunikationsfähigkeit, werden auf der Grundlage diagnostischer Informationen geplant und als Therapieziele formuliert. Gartentherapie wird in enger Zusammenarbeit mit medizinischem und Pflegepersonal, Pädagogen, Therapeuten und Sozialarbeitern durch einen gärtnerisch ausgebildeten und für Gartentherapie geschulten Spezialisten geplant und durchgeführt. Derzeit wird in enger Kooperation mit Einrichtungen des Gesundheitswesens und der Altenpflege das Angebot auch im Rahmen der „mobilen Gartentherapie“ vom Botanischen Garten in die Einrichtungen gebracht, in deren Innenräumen sie stattfindet.

Der Botanische Garten Rostock ist hierfür prädestiniert, weil er eine seit über 125 Jahren etablierte Einrichtung in gut erreichbarer Innenstadtlage mit gewachsener hoher Akzeptanz in der Bevölkerung ist. Damit kann die therapeutische Behandlung in einem öffentlichen Raum erfolgen, der traditioneller integraler Bestandteil der Großstadt ist und von allen Bevölkerungsgruppen nach Belieben aufgesucht wird. Ferner können die therapeutischen Tätigkeiten unmittelbar mit der Ausbildung von Studenten im therapeutischen und didaktischen Bereich gekoppelt werden. Es ist die gemeinsame Nutzung der Anlagen des noch im Bau befindlichen Hochschulgartens des Lehrstuhls Biologiedidaktik und die gemeinsame Ausbildung von Didaktikstudenten geplant. Zusammen mit der großen Vielfalt an zur Verfügung stehenden kultivierten Pflanzenarten, insbesondere auch in der morphologischen Abteilung mit geplantem Duft- und Tastgarten, bietet der Botanische Garten damit optimale Gegebenheiten für gartentherapeutische Projekte.


Philosophie

Gärtnern ist einerseits abhängig von den Gegebenheiten der Natur und andererseits das bewusste Eingreifen in die komplexen Prozesse der menschlichen Umgebung. Mit dem Garten schafft sich der Mensch einen Ort, der ihm Sicherheit, Ordnung und Kultur ermöglicht. Gärtnerisches Tun bildet damit auf herausgehobene Weise die Stellung des Menschen im Gesamtzusammenhang der Welt ab. Gärtnerische Tätigkeiten aktivieren Körper, Geist und Seele des Menschen, sie erfassen die Dimensionen Raum und Zeit und setzen oftmals den Einzelnen in Beziehung zur Gesellschaft. Gärtnern bringt den Menschen in Kontakt mit Wachstum und Veränderung.

Anwendungsgebiete

Durch die Vielfalt gärtnerischer Aufgaben und die Unterschiedlichkeit der Pflanzen eignet sich Gartentherapie für eine große Zahl von Situationen, in denen Menschen Hilfe brauchen.

Prävention und Gesundheitsförderung

Wer regelmäßig im eigenen Garten arbeitet, kann die gesundheitsfördernde Wirkung des Gärtnerns bestätigen. Die regelmäßige körperliche Aktivität an der frischen Luft, der Kontakt zu Erde, Wasser und anderen lebenden Organismen und die intensive Beziehung zu den Prozessen von Werden, Wachsen, Reifen und Vergehen in der Natur stärken Körper und Psyche. Gartenarbeit ist ein ideales Mittel zur Stressbewältigung.

Altenhilfe

In Einrichtungen der Alten- und Tagespflege bedürfen die Bewohner bzw. Gäste häufig stärkerer kognitiver, motorischer und sensorischer Anreize. Gartentherapie bietet ein abgestimmtes Maß an körperlicher Belastung und Stimulation des Geistes und der Sinne und ist damit ein erprobtes Mittel ganzheitlicher Aktivierung. Als Gruppenangebot schafft Gartentherapie zudem ungezwungene Situationen für Sozialkontakte. Viele Demenzpatienten reagieren mit allen Sinnen auf Garten, Pflanze und Erde, und es lassen sich mitunter tiefe Schichten der Erinnerung ansprechen.

Psychiatrie

Der Umgang mit lebenden Objekten und der nahezu spielerische Zugang zu den grundlegenden Lebensvorgängen von Werden und Vergehen macht gartentherapeutische Interventionen zu einem erfolgreichen psychotherapeutischen Mittel. Je nach Therapieziel lassen sich aktivierende und beruhigende Settings planen.

Medizinische und berufliche Rehabilitation

Manchmal gelingt es mit herkömmlichen Therapieansätzen nur unbefriedigend, der komplexen Krankheitssituation des Patienten gerecht zu werden. In der Anschlussheilbehandlung geht es oft um schrittweise Belastungssteigerung bei gleichzeitiger Stimulierung des Antriebs, nach überstandener Erkrankung oder trotz bleibender Beeinträchtigung ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Gartentherapie eignet sich hervorragend als ergänzendes Angebot für Patienten mit psychosomatischen Störungen, kann aber bei genauer Zielabstimmung auch spezifisch als Belastungserprobung, zum Trainieren verbliebener Ressourcen und zum Einüben von Kompensation angewandt werden.

Gartentherapie lässt sich ferner in der Demenzversorgung, der Arbeit mit Behinderten, der Sozialarbeit, der Kinder- und Jugendarbeit sowie als Hilfe bei Abhängigkeitserkrankungen einsetzen.

Kontakt

Praxis für Gartentherapie
Dipl.-Ing. Thomas Henschel
Stephanstraße 11
18055 Rostock

Tel. 0381/2523822
Fax 0381/2523991

Email: thomas.henschel(at)gartentherapie-mv.de
www.gartentherapie-mv.de


Thomas Henschel ist Gärtner und Landschaftsarchitekt und nahm von 2009 bis 2011 an der berufsbegleitenden Weiterbildung zum Experten für Gartentherapie an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik Wien teil.